geysterstunde 2

 

Nachdem ihre Fans nach dem ersten Teil des Geysterstundekonzeptes lange Zeit auf den Nachfolger warten mussten, empfängt Kreativkopf Alexander Paul Blake seine Hörer gleich mit einer warnenden Frage zum Einstieg in die „Jenseitsflugmaschine“: „Doch ist der Mensch für dieses Wissen bereit?“ Nun, bevor man eine wohlüberlegte Antwort geben kann, findet der Hörer sich auch schon im „Nachtexpress nach nirgendwo“ wieder und fährt an der Seite des Poeten in die Ungewissheit davon…

Die Geschichten aus dem e.w.i.g.en Reich der Geister werden in einer wunderbaren musikalischen Mischung aus harten Gitarren, kräftigem Schlagwerk und Streichern zum Leben erweckt. Durch die ausgewogene Produktion und die abwechslungsreichen Stilelemente wird dieses Album zu einem unverzichtbaren Abenteuer für die Ohren. Mal im Walzertakt, dann wieder mit derben Metalelementen, oder auch balladesken Klängen wird man durch die siebzehn Lieder getragen, die trotz aller Vielfalt angenehm eingängig sind und sich so gut am Stück hören lassen.  Für eine konzeptionelle Abrundung sorgen die eingestreuten hörspielähnlichen Rezitationen, die auch die nötigen Ruhepunkte der CD darstellen.

Sänger Blake überzeugt auch diesmal mit einer beeindruckenden stimmlichen Vielfalt. Er singt, spricht, keift und growlt sich durch die Songs; wie es gerade zu den Texten passt. Diese erzählen vom Totenreich, von alten verwunschenen Grammophonen und anderen obskuren Dingen. Die Lyrics dieser Formation sind schon immer eine Welt für sich gewesen. Sie sind poetisch und bieten dadurch das, was viele Künstler heute nicht mehr bieten: Geschichten, die den Hörer entführen und die Platz für eigene Gedanken und Empfindungen lassen.

„Geysterstunde II“ ist ein würdiger Nachfolger, da das Album kein Neuaufguss des ersten Teils ist, sondern in jeder Hinsicht neue und aufregende Elemente mit Altbekanntem vermischt.

Das Warten hat sich definitiv gelohnt!

 

Alexander Paul Blake beantwortete uns in einem Kurzinterview folgende Fragen.

„Doch ist der Mensch für dieses Wissen bereit?“ Welches geheime Wissen verbirgt sich auf eurem neuen Album?

Alexander Paul Blake: „Wir maßen uns nicht an, den Menschen zu erzählen, wie die Dinge im Universum funktionieren, aber ich glaube, wer zwischen den Zeilen liest, wird schon ein gewisses Weltbild in den Eden-Weint-Im-Grab-Texten erkennen. In der ‚Jenseitsflugmaschine’ konkret geht es darum, dass der Protagonist des Songs erkennt, dass die Menschheit nicht bereit ist für eine solche Flugmaschine. Über das ‚weshalb und wieso’ darf ruhig jeder frei philosophieren. Ich gebe nur so viel zu bedenken: Ist eine Menschheit, die nicht mal in der Lage ist, ihre physische Heimat samt der Mitmenschen und Tiere respektvoll und würdig zu behandeln, weit genug entwickelt, um in nichtphysische Bereiche vorzudringen? Ich denke, es kommt alles zu seiner Zeit. Und wer weiß, vielleicht wird eines Tages ein Großteil der Menschheit durchaus in der Lage sein, in das Jenseits zu fliegen, wenn auch ohne Flugmaschine, die ja eher als Symbol zu sehen ist. Derzeit jedoch haben wir hier noch weitaus grundlegendere Dinge in den Griff zu bekommen.“

 

Eure Texte sind überwiegend vertonte Kurzgeschichten. Woher nehmt ihr die Inspiration für diese Themen?

Alexander Paul Blake: „Manchmal glaube ich, die geystige Welt flüstert mir manch irre Idee ein, lässt mich aber glauben, es sei meine eigene gewesen 😉 Genau genommen kann ich die Frage, woher die Inspirationen kommen, also gar nicht beantworten. Oftmals sind sie aus heiterem Himmel einfach da. Die besten Momente sind immer jene, wenn die Texte sich wie von selbst aufs Papier ergießen und ich gar nicht viel dazu tun muss außer zu tippen oder die Feder zu schwingen. In widrigen Momenten schleift man dafür endlos an den richtigen Formulierungen. Selten ist es auch so, dass ich etwas lese oder sehe und mich davon direkt zu einem Text inspiriert fühle. Die ‚Jenseitsflugmaschine’ beruht z.B. auf einer Erfindung von Viktor Schauberger aus dem Jahr 1922, die ich in den EwiG-Kontext gesetzt habe, und ‚Radio Totenfunk’ auf einer Youtube-Doku, die zeigt, dass es tatsächlich Menschen gibt, die aus dem Rauschen des Radios Botschaften aus der Totenwelt filtern. Wichtig war uns auf jeden Fall, dass die Songs auf ‚Geysterstunde’ I und II alle kleine Geschichten erzählen und nicht nur zusammenhanglose Zeilen sind, die vielleicht ganz cool klingen. Dies hatte zur Folge, dass es mit ‚Geystergeschichten’ sogar ein Kurzgeschichtenbuch zu den Alben gibt, worin die Inhalte vertieft werden.“

 

Einige Stücke, wie „Meine geysterhaftes Grammophon“, erinnern musikalisch an die Soundtracks alter Gruselfilme. Seid ihr selbst Fans dieses Filmgenres?

Alexander Paul Blake: „Auch wenn es überraschen mag, nein! Ich mag die Atmosphäre solcher Filme und es war in der Tat das Ziel, eine solche auch mit musikalischen Mitteln in ‚Mein geysterhaftes Grammophon’ zu erzeugen. Generell ist es eigentlich immer unser Ziel, das Kopfkino des Rezipienten zu füttern. Doch ich schaue sehr selten Filme, da ich meine freie Zeit lieber im Studio verbringe, um an Musik oder Texten zu arbeiten. Wenn dann ist eher Literatur ein Einfluss auf Eden Weint Im Grab, ich sage ja immer wieder, dass ich unser als moderne Romantiker sehe – eine postmoderne Gothic-Romanticism-Band sozusagen.“

 

Wie bei dem eben genannten Stück ist die Verbindung zwischen Musik und Text sehr harmonisch. Entsteht bei euch zuerst die Musik oder der Text und wie schafft ihr es die beiden Komponente so zusammenzufügen, dass die Geschichten ihren passenden Mantel bekommen?

Alexander Paul Blake: „Das ist verschieden. Ich habe meist schon vor dem Songwriting einen Fundus an Texten, auf den ich zugreifen kann. Im Idealfall habe ich zu einem Text schon eine Art von musikalischer Umsetzung im Kopf oder ein Song diktiert von sich aus, was für einen Text er benötigt. Mitunter passiert es aber auch, dass ich Musik schreibe und dann erstmal ausprobieren muss, ob ein vorhandener Text dazu passt. Wenn ja, kann das einen Song wieder komplett ändern. Manchmal heißt es aber auch, einen Text zu einem Song zu schreiben, was ich am schwersten finde, weil das Metrum die Kreativität doch etwas einschränkt. Doch im Fall von ‚Geysterstunde II’ hat sich vieles glücklicherweise wie von selbst gefügt, sodass das Song- und Textschreiben innerhalb weniger Wochen vollendet war. Länger dauerte das Aufnehmen und Ausproduzieren, da wir hier verschiedenste Vorstellungen aller Beteiligten unter einen Hut bekommen mussten.“

 

Eure Fans haben lange auf diesen zweiten Teil warten müssen. Wie sind deren Reaktionen auf die endlich fertige Produktion?

Alexander Paul Blake: „Drei Jahre genau genommen, was im Vergleich zu den Wartezeiten von Metallica oder Guns’N’Roses nichts ist 😉 Zudem haben wir zwischenzeitlich noch das Akustikalbum ‚Nachtidyll’, das Alexander-Paul-Blake-Black-Metal-Soloalbum ‚Die Rückkehr ins goldene Zeitalter’ und das Aethernaeum-Album ‚Wanderungen durch den Daemmerwald’ veröffentlicht. Und jede einzelne Veröffentlichung kostet nun mal viel Zeit und Energie. Ich sage mal, 98 Prozent der Menschen, die das Album gehört haben, mögen es. Negative Resonanzen waren glücklicherweise bislang die Ausnahme. Ich weiß nicht, ob wir wirklich ein überdurchschnittlich gutes Werk abgeliefert haben oder ob sich die Zweifler einfach nur bedeckt halten, was nett von ihnen wäre 😉 Was ich weiß, ist nur, dass wir Musiker auch mehrere Monate nach der Fertigstellung noch sehr zufrieden sind und das ist das Wichtigste. Denn allen Menschen da draußen kann man es eh nie recht machen.“

 

Wie sieht die Zukunft von E.W.I.G. aus? Wird es vielleicht sogar eine „Geysterstunde III“ geben oder ist das Konzept für euch abgeschossen?

Alexander Paul Blake: „Das lasse ich mal offen. Eigentlich war ‚Geysterstunde’ von vorneherein auf zwei Teile angelegt und diese sind nun vollendet, sodass wir uns erstmal wieder neuen Abenteuern zuwenden werden. Aber ob es irgendwann nicht doch mal Sinn machen wird, ‚Geysterstunde III’ zu schreiben, kann ich derzeit nicht absehen. Man sollte ja niemals nie sagen. In den nächsten Monaten wollen wir nun so oder so aber erstmal möglichst viel live spielen und hoffen, dass man uns vielfach die Möglichkeit geben wird, die Geysterschar auf die Bühne zu bringen.“

 

Vielen Dank für die ausführlichen Antworten!